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gefoerdert durch Bundesministerium für Arbeit und Soziales-reha pro
Gerd Worm, Leiter des Jobcenter Erlangen, eröffnet die Veranstaltung des LAUT-Projektes in der Heinrich Lades Halle Erlangen.

New Work – auch inklusiv?

Pressemitteilung |Erlangen, 29. September 2021
Inklusionsprojekt LAUT sprach über neue Perspektiven für inklusive Arbeitsplätze

Arbeitskräfte werden ausgehen, nicht die Arbeit

IAB Vizedirektor Walwei berichtet über Vereinbarkeit von Inklusion und neuen Trends des Arbeitsmarktes

Am Abend des 29. Septembers 2021 regte das Inklusionsprojekt LAUT in der Heinrich-Lades-Halle zur Debatte rund um Perspektiven inklusiver Arbeitsplätze an. IAB Vizedirektor Walwei gab in seinem Vortrag „new work – auch inklusiv?“ Impulse für die anwesenden Arbeitgebenden und Personalverantwortlichen.   

Das Inklusionsprojekt LAUT setzt sich dafür ein, dass Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen bis hin zu Schwerbehinderung gleichberechtigt am Arbeitsleben teilhaben können. Am Abend des 29. Septembers hatte der Projektverbund um die Jobcenter der Stadt Erlangen und des Landkreises Erlangen-Höchstadt Arbeitgebende und Personalverantwortliche in die Heinrich-Lades-Halle eingeladen. Etwa 60 Gäste sind der Einladung unter Einhaltung der vorherrschenden Schutzregelungen gefolgt und nutzten die Zeit vor dem offiziellen Programm für Networking und einen angeregten Austausch.

Bevor der namensgebende Vortrag der Veranstaltung „new work – auch inklusiv?“ startete, eröffnete Gerd Worm, Leiter des Jobcenters der Stadt Erlangen (GGfA AöR) das Programm und begrüßte auch die zugeschalteten Gäste im Livestream. Verbunden mit der hoffnungsvollen Frage, ob das Fragezeichen im Titel bereits gestrichen werden kann appellierte er an alle Gäste und Zuschauer*innen, LAUT für Inklusion zu werden.

Potenzial nutzen: Jeder hat Stärken die er einbringen kann

Prof. Dr. Ulrich Walwei unterstützt das Modellprojekt LAUT mit seinem Engagement im Projektbeirat und will somit einen wissenschaftlichen Beitrag zur Förderung von Inklusion und Chancengleichheit leisten. Der Vizedirektor am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist außerdem Mitglied im Rat der Arbeitswelt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Er sei der Einladung gerne gefolgt, betonte er eingangs, da er die Arbeit im Projekt LAUT für sehr wichtig halte. Walwei sieht gute Chancen für eine inklusive Arbeitswelt, ist sich aber sicher: „[…] wir müssen einiges dafür tun.“ Es wird darauf ankommen wie kreativ wir sind, ob wir die Chancen nutzen, aber auch die Herausforderungen frühzeitig erkennen und dafür passende Lösungsstrategien entwickeln. Mit einem Blick auf Menschen mit Behinderung und deren Situation am Arbeitsmarkt zeigt sich hohes, oft ungenutztes Potenzial, da viele trotz abgeschlossener Ausbildung erwerbslos sind. Ein Fakt, der auch im Projekt LAUT Bestätigung findet, wo 43,1 Prozent der Teilnehmenden einen Berufsabschluss haben und weitere 7,8 Prozent einen Hochschulabschluss (Stand: 28.09.2021).

Welch positive Effekte die Beschäftigung von schwerbehinderten Mitarbeiter*innen bspw. auf die soziale Komponente hat, zeigte Walwei weiter mit Einblicken in bislang unveröffentlichte Studienergebnisse: Demnach wächst die Sozialkompetenz und der Zusammenhalt verbessert sich in inklusiven Teams, während bspw. Belastbarkeit und Motivation als vergleichbar zu nicht-inklusiven Teams wahrgenommen werden.

Walwei grenzte das theoretische und eher idealistische Konzept „New Work“ von aktuellen Trends ab, wonach sich strukturelle wie organisatorische und zeitliche Komponenten weiter verändern werden und auch die Ortsunabhängigkeit eine zentrale Rolle in der Arbeitswelt der Zukunft spielen wird. Die Pandemie habe diesen Strukturwandel der Arbeitswelt beschleunigt, so Walwei. Vieles wurde erprobt, gelernt und ist kaum noch wegzudenken. Für die Zukunft sind digitale Kompetenzen entscheidend. Gleichsam dürfe man nicht digitalisierbare Kompetenzen nicht vernachlässigen. Hier gilt es laut Walwei Menschen stark zu machen, in Bildungs- und Arbeitspolitik. Mit Blick auf inklusive Arbeitsplätze ermöglicht die Digitalisierung eine Verbesserung der beruflichen Teilhabe – vor allem bei körperlichen Einschränkungen – und stellt gleichzeitig hohe Anforderungen an die Psyche der Mitarbeiter*innen. In keinem Fall sei dies ein „Selbstläufer“, warnte Walwei, aber der Wandel bringt Möglichkeiten für gleichberechtigte Teilhabe.

Ein weiterer Trend, der Chancen eröffnet, sind Veränderungen des Rekrutierungsverhaltens. Es ist eine Abkehr von fixen Stellenprofilen erkennbar und die Personalentscheider blicken zunehmend auf die Fähigkeiten, nicht auf die Hemmnisse, die Bewerber*innen mitbringen. Der demografische Wandel legt es nahe: „Uns wird nicht die Arbeit ausgehen, uns werden die Arbeitskräfte ausgehen!“, ist sich Walwei sicher. Da ist es unverzichtbar, auf die Stärken des Einzelnen zu blicken, anstatt die berüchtigte „Eierlegende-Wollmilchsau“ zu suchen. Denn „Jeder Mensch hat Stärken, die er einbringen kann.“ so Walwei weiter. Für die betriebliche Reputation als Arbeitgeber*in wie auch beim Absatz von Produkten und Dienstleistungen sei Inklusion als Teil der gesellschaftlichen Verantwortung entscheidend. Schließlich sprechen diverse Belegschaften diverse Kundschaften an, führt Walwei abschließend vor Augen.

Inklusive Strukturen bieten in jedem Fall Chance, die im Rahmen einer zukunftsorientierten Personalpolitik berücksichtigt werden sollten. Doch auch wenn es während der Pandemie vergleichsweise wenig Entlassungen gab, zeigt sich, dass es für Menschen, die in den Arbeitsmarkt hinein wollen, aktuell schwierig ist. Eine Tatsache, die sich auch in der Erfahrung des LAUT-Projektes widerspiegelt. Drei positive Beispiele sollten daher im weiteren Verlauf der Veranstaltung zeigen, was möglich ist. Im Podiumsgespräch berichteten Tobias Büttner, Silke Kadach und Michael Bantele über bisherige Erfahrungen sowie die zukünftigen Voraussetzungen zum Ausbau inklusiver Beschäftigung.

Chancengeber gesucht

Tobias Büttner, der ehemalige Spieler der 2. Handball-Bundesliga und Teamleiter bei der Sparkasse Forchheim, eröffnete die Gesprächsrunde. Er erhielt nach einem Unfall die Diagnose: inkomplette Querschnittslähmung. Dank eisernem Willen und hartem Training kann Büttner heute wieder laufen und ist unendlich dankbar für die Unterstützung, die er nach seinem Unfall erhalten hat. Neben dem Klinik- und Rehapersonal gaben Freunde und Familie Halt, aber auch sein Arbeitgeber unterstützte Büttner beim beruflichen Wiedereinstieg. Anpassen des Aufgabenprofils und Flexibilität ermöglichten Büttner, seine Leitungsposition zu halten und die Forchheimer Online-Filiale weiter auszubauen. Die Arbeitsmotivation ist eine andere, wenn man weiß, dass es auch anders hätte ausgehen können, weiß Büttner. Er hofft auf mehr Akzeptanz und Verständnis für Menschen mit Behinderungen im Arbeitskontext, aber auch auf mehr Chancengeber! Denn diese Faktoren sieht Büttner als entscheidend: „Akzeptanz und Verständnis dafür, dass Menschen mit Behinderungen – sei es körperlich oder geistig – die gleiche Chance haben, um für ein Unternehmen wertvoll und erfolgreich zu sein wie ein Mensch, der diese Einschränkungen nicht hat.“

Silke Kadach, Corporate Social Responsibility und Sustainability Managerin bei Danone D-A-CH berichtet vom „new normal“ im Danone-Konzern. Die Mehrheit der Konzern-Kolleg*innen arbeiten nach wie vor fast ausschließlich von zu Hause. Sie sieht in remote Arbeitsplätzen Chancen für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen durch Arbeiten von zu Hause aus. Hiermit wird ein flexibles Arbeiten in einer barrierefreien Umgebung ermöglicht und bspw. Pflegezeiten sind wesentlich freier abbildbar, so Kadach. Gleichzeitig berichtet sie vom Wegfall einfacher Tätigkeiten, die unter Anleitung in den Büroräumen ausgeführt wurden und damit Einsatzmöglichkeiten für Menschen mit kognitiven Einschränkungen ausbleiben.

Kadach ist sich sicher, dass der Wert von gelebter Diversität, „wo jeder mit seinen besonderen Talenten und seiner Besonderheiten ein Zuhause findet“, die gesamte Unternehmenskultur positiv bestärkt. Dies geben auch die Mitarbeiter*innen an Kadach weiter: Sie sind stolz, „dass wir Menschen, die nicht immer auf der Sonnenseite stehen, eine Möglichkeit und ein Zuhaue bieten.“ Daraus schöpfen die Mitarbeiter*innen Vertrauen, dass ihnen das Unternehmen auch in schwierigen Situationen zur Seite steht und niemanden im Stich lässt. Dies kann nicht hoch genug geschätzt werden, unterstreicht Kadach.

Michael Bantele, Geschäftsführer Birke und Partner GmbH, erzählt im Gespräch mit Moderatorin Kathi Mock von der Entlastung der Fachkräfte durch den ehemaligen „Digital Operator“, der einen inklusiven Arbeitsplatz in der Kommunikationsagentur hatte. Zwischenzeitlich hatte er sich Spezial-Know-how angeeignet, sodass er mittlerweile direkt beim Auftraggeber der Agentur angestellt und dort „megaglücklich“ ist, übermittelt Bantele. Für den Geschäftsführer war „der Tag, an dem er uns verlassen hat, ein toller und trauriger Moment“ zugleich, da er einen lieb gewonnenen Kollegen gehen lassen musste.

Für das Gelingen von mehr betrieblicher Inklusion braucht es laut Bantele Entschlossenheit: „Denn ich bin fest überzeugt, wenn man einen inklusiven Arbeitsplatz schaffen möchte, dann wird man ihn finden und man wird ihn so schaffen können, dass er am Ende Teil eines Wirtschaftsbetriebs sein kann.“

Vorbilder leuchten lassen

Der Abschluss der Veranstaltung stand im Zeichen der Würdigung inklusiven Engagements: „Denn Vorbilder sollte man leuchten lassen“, so Heike Fischer, Teamleiterin beim Jobcenter Erlangen-Höchstadt, in der Laudatio. Ausgezeichnet wurde die OT Baßler GmbH, die im Rahmen des LAUT-Projektes einen inklusiven Arbeitsplatz geschaffen hat und dabei unkompliziert und sensibel gleichermaßen agierte. Der Senior-Chef Eberhard Baßler nahm den Preis stellvertretend für den Fachbetrieb der Orthopädie- und Reha-Technik entgegen. Er selbst sieht sich weniger als Leuchtturm, räumt aber auch ein, „es liegt von Berufs wegen nahe, keine Berührungsangst zu haben zu Menschen mit unterschiedlichsten Einschränkungen.“ Auch haben sie im Betrieb bereits Menschen mit unterschiedlichsten Biographien erfolgreich eingestellt. Ein Erfolg, den sich das LAUT-Projekt auch für andere Arbeitgebende in der Region wünscht. In den folgenden Jahren der Projektlaufzeit wird LAUT weiterhin außergewöhnliches Engagement in betrieblicher Inklusion auszeichnen und hofft weiterhin auf die gute Zusammenarbeit mit bekannten Betrieben und natürlich auf neue mutige Chancengeber.

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